Wie viele andere, hatte ich am Abend des 06.12.2021 eine E-Mail in meiner Mailbox, in der mir gas.de mitteilte, dass mein Gasliefervertrag mit Ablauf des 02.12.2021 eingestellt worden war. Eigentlich hatte ich einen Liefervertrag mit einer festen Laufzeit vom 01.05.2021 bis 30.04.2022 abgeschlossen.
Ich schaute mich also am gleichen Abend noch auf den entsprechenden Vergleichsportalen um und schloss sofort online einen neuen Vertrag bei Shell ab. Shell bestätigte ursprünglich eine Lieferung ab dem 29.12.2021, aber auf Nachfrage wurde das geändert, sodass die Lieferung rückwirkend ab dem 03.12.2021 erfolgte. So konnte ich immerhin die temporäre Belieferung in der Ersatzversorgung vermeiden, die nochmal teurer gewesen wäre, als die nun ohnehin schon entstandene Verdopplung des Preises.
Zum regulären Vertragsende am 30.04.2022 las ich den Zählerstand ab und übermittelte ihn online an die DONETZ, meinen zuständigen Netzbetreiber. Eine Woche später rief ich dort an, um mir für meinen Verbrauch die genauen Umrechnungsfaktoren (Brennwert und Zustandszahl) berechnen zu lassen, damit ich den entstandenen Schaden möglichst genau kalkulieren konnte. Da mein Haus nicht gerade klein ist, schlug der Verbrauch von fast 20.000 kWh nun mit Mehrkosten von rd. 1.145 € zu Buche. Ich richtete eine entsprechende Schadensersatzforderung per Einwurfeinschreiben an gas.de, zusammen mit meiner Kalkulation und Kopien der entsprechenden Lieferverträge.
Sechs Tage später am hatte ich eine E-Mail von gas.de in meiner Mailbox, in der Bezug auf meine Schadensersatzforderung genommen wurde. Man argumentierte, dass wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 und 3 BGB ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB vorgelegen habe. Aber als „geschätztem Kunden“ würde man mir, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, die Zahlung einer Pauschalsumme von 570 € anbieten. Bei Annahme würde der Betrag innerhalb von 14 Tagen überwiesen, damit seien aber alle Ansprüche abgegolten.
Dieses Angebot in Höhe von rd. 50 % meines Schadens schien mir sehr gering. Auch ist die Argumentation von gas.de dünn, denn immerhin traf die so pauschal beschriebene Problematik ja i.W. auf alle Lieferanten zu, die aber ihre Verträge offensichtlich erfüllen konnten. Ohne einen genauen Nachweis wäre das sicherlich so nicht haltbar. Ganz davon abgesehen, dass § 314 BGB ausdrücklich die Geltendmachung von Schadensersatz nicht ausschließt.
Ich lehnte daher das Angebot per E-Mail am nächsten Tag unter detaillierter Auflistung meiner Einwände ab. Insbesondere wies ich auch darauf hin, dass ich durch mein sofortiges Handeln und die Vermeidung der Ersatzversorgung den Schaden schon deutlich reduziert hatte; wäre ich die ganze Zeit in der Ersatz-/Grundversorgung geblieben, hätte sich der Schaden auf mehr als 1.700 € summiert.
Noch am gleichen Tag kam von gas.de ein neues Angebot: Man hätte den Sachverhalt nochmal im Detail überprüft und würde mir deshalb nun eine Pauschalsumme von 800 € anbieten.
Dieses Angebot von rd. 70 % ist natürlich schon besser. Allerdings behauptet gas.de, dass der Schaden auf diese Summe hätte begrenzt werden können, wenn ich zeitnah „zu dem günstigsten und zumutbaren Tarif“ gewechselt hätte, was ich für ein Gerücht halte. Ich hatte zwar nicht den allergünstigsten Tarif gewechselt (meine Angst, gleich die nächste Kündigung zu bekommen, war zu groß), aber viel günstiger wäre es definitiv nicht gegangen. Und wie gesagt, durch die Vermeidung der Ersatzversorgung war der Schaden sowieso vergleichsweise niedrig.
In einer E-Mail vom nächsten Tag lehnte ich das Angebot daher wiederum ab, mit dem Hinweis, man solle mir doch bitte ein konkretes Berechnungsbeispiel anhand eines konkreten Tarifs nennen, mit dem der Schaden entsprechend niedrig ausgefallen wäre.
Gleich am nächsten Tag kam wiederum eine E-Mail von gas.de. Argumentation genau die gleiche wie in der Mail davor. Und wieder behauptete man, in einem anderen Tarif wäre der Schaden niedriger ausgefallen und bot mir nun, wieder ohne konkrete Berechnung, eine Summe von 1.035 € an.
Dieses Angebot, das nun 90 % meiner Forderung entsprach, war natürlich nun schon recht gut. Allerdings regte mich einfach auf, dass meine Bitte um eine konkrete Berechnung ignoriert wurde, was nahe legt, dass es sich einfach um Fiktion handelt. Ich lehnte daher auch das neue Angebot in einer Mail wieder ab und machte dabei meinen Unmut deutlich.
Am nächsten Tag schrieb gas.de mir dann, dass sie nur bei Erbringung eines konkreten Hinweises in der Lage wären, meine Forderung zu überprüfen und forderten mich auf, eine Zwischenrechnung von meinem Gasversorger vorzulegen.
Na toll, warum sagen sie das nicht gleich? Bis dato wusste ich noch gar nicht, dass man sowas bekommen kann. Ich rief sofort beim Shell-Kundendienst an und dort versprach man, mir eine Zwischenrechnung zu erstellen, allerdings würde das ca. 14 Tage dauern, weil man die Bestätigung des Netzbetreibers brauchen würde.
Tatsächlich kam Ende letzter Woche die Zwischenrechnung von Shell bei mir an. Eine Nachkalkulation meiner Schadensersatzforderung auf Grund der Rechnung ergab nun eine sogar noch leicht höhere Forderung. Ich schickte daher am Wochenende die Rechnung, zusammen mit einer angepassten Schadensersatzforderung von nun knapp 1.170 €, per E-Mail an gas.de.
Am Montag kam sofort eine Antwort: Man dankte für die eingereichten Unterlagen und bietet mir nun – natürlich ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs und unter der Prämisse, dass damit alle Forderungen abgegolten sind – die Zahlung exakt des von mir geforderten Betrages an!
Ich bestätigte die Annahme des Angebots umgehend. Gas.de bestätigte dann am nächsten Tag die Gutschrift auf mein Vertragskonto und siehe da: Heute ist das Geld auf meinem Bankkonto angekommen.
Geht doch!